Software und Strategien für den erfolgreichen Mittelstand

Vorteile des Cloud-Einsatzes in Unternehmen

Flexibles Kostenmodell als Einstiegsdroge

Christian Horak
Christian Horak, Vice President Cloud Marketing bei der SAP AG: „Der Cloud-Einsatz schafft Freiräume.“

Die Private Cloud kann nicht die Kostenvorteile bieten, wie sie bei einer Public Cloud machbar sind. Daher gilt die „private Variante“ eher als eine Zwischenstufe. Unternehmen können damit die Technik selbst adaptieren und dann im zweiten Schritt alle Vorteile ausschöpfen. Daraus ergeben sich dann Freiräume für den IT-Betrieb, der für neuartige  Aufgabenstellungen genutzt werden sollte.


Kostenmodell

Andre Kiehne
Andre Kiehne, Vice President bei Fujitsu Technology Solutions: „Das flexible Kostenmodell ist für viele Unternehmen ein Einstiegsargument.“

Als ein wesentlicher Vorteil des Cloud Computing gilt das flexible Kostenmodell. Das ist für viele Unternehmen eine Art Einstiegsargument. Das sieht auch Andre Kiehne, Vice President bei Fujitsu Technology Solutions, so: „Vor allem die  Preispunkte sind bei der Cloud sehr verführerisch. Einige Unternehmen richten daran sogar ihre Erwartungen für die Kosten aus, wenn sie denselben Service selbst im eigenen Haus – sprich einer private Cloud – betreiben wollen. Doch das kann nicht funktionieren.“

Er sieht die Cloud in erster Linie als ein „Delivery Modell“ – die Kosten werden dabei nach dem jeweiligen Verbrauch abgerechnet. „Wenn ein Unternehmen eine private Cloud haben möchte, dann wird es sehr wenig von den Cloud-Vorteilen realisieren können. Ich sehe die private Cloud als ein Übergangsszenario, sie ebnet den Weg in die Public Cloud. Das komplette Versprechen einer Cloud – also die extreme Dynamik und Skalierbarkeit sowie Abrechnung zu günstigen Preisen – das funktioniert optimal nur in der Public-Variante.“

Konsumerisierung schlägt zu

Für Christian Horak, Vice President Cloud Marketing bei der SAP AG, bringt die Konsumerisierung der IT eine weitere Komplexität für die IT-Abteilung im Unternehmen. „Die IT-Abteilung stößt mit dem bisherigen Ansatz auf große Widerstände – lange andauernde IT-Projekte, bei denen es mehr als ein Jahr dauert, und die Fachabteilung erst dann Nutzen realisieren kann – überzeugen nicht mehr. Oftmals mussten bei derart langfristigen Projekten Unternehmen  schon im Vorfeld Zahlungen leisten. Heutzutage wollen die Anwender sofort den Mehrwert aus den Projekten ziehen und etwa die Applikation unmittelbar nutzen.“ Vor diesem Hintergrund sei ein Markenname schon sehr wichtig. Hier  seien Anwender überzeugt, dass sie eine tolle CRM-Lösung erhalten.

„Bei SAP bekommen sie professionelle Business Software. Mit dem Einsatz des Cloud Computing werden also die Weichen gestellt, dass eine nutzbare Lösung sofort bereit steht. Von diesem großen Wandel im IT-Bereich profitiert vor allem der Mittelstand. Denn der kann es sich nicht leisten, ein eigenes Software-Labor vorzuhalten und verschiedenste Ansätze auszutesten.“

Mobile Endgeräte auf dem Vormarsch

Das schnelle Verfügbarmachen von Anwendungen steht in engen Zusammenhang mit dem Einsatz von mobilen  Endgeräten, das lässt sich nach der Einschätzung von Christian Horak nicht von der Cloud trennen. „Dazu gesellt sich noch das Thema Big Data, denn über die mobilen Endgeräte werden auch überall Daten erfasst und diese müssen dann schnell analysiert werden. Dies kann der Mittelstand meist mit bestehenden Ressourcen nicht leisten, daher nutzt er die Cloud.“

Technologiewechsel

Ditmar Tybussek
Ditmar Tybussek, Entwicklungsleiter bei Allgeier IT Solutions: „Mit dem traditionellen Client-Server-Modell kommt man im Cloud-Umfeld nicht weit.“

Einen klaren Technologiewechsel durch den Cloud-Einsatz vermeldet Ditmar Tybussek, Entwicklungsleiter bei Allgeier IT Solutions: „Mit dem traditionellen Client-Server-Modell kommt man im Cloud-Umfeld nicht sonderlich weit.“ Zudem gelte es  weitere Technologien zu integrieren, wie etwa die In-Memory-Technik oder Big Data-Konzepte. Das alles spreche für eine Erneuerung der Unternehmenssoftware.

„Eine weitere große Änderung zeichnet sich auf der Seite der Endgeräte ab“, gibt Tybussek zu Protokoll. „Die IT im Unternehmen
wird förmlich überrannt mit der Aufgabenstellung, dass Außendienstmitarbeiter über Tablets oder Smartphones den Zugriff auf die Unternehmensanwendungen haben wollen. Das macht sie wesentlich effizienter und zudem kommt ihnen das Arbeiten mit  den Geräten entgegen, die sie aus dem privaten Bereich her kennen.“ Auch hier sei eine Anpassung der Systeme im Backend  nötig – etwa um den Zugriff via Apps auf die Kernapplikationen zu erlauben.

Mobility treibt Effizienz

Den Trend zu den Mobilgeräten unterstreicht auch Korbacher, Head of Google Enterprise: „Mobility ist heutzutage einer der Kerntreiber. Bei unseren Google Apps unterstützen wir jedes Endgerät. Und alles kann zentral vom Unternehmensadministrator verwaltet werden. Auch eine Fernlöschung – das so genannte Remote Wipe – ist machbar, wenn ein mobiles Gerät verloren gegangen ist.“

Viele Apps tragen Unsicherheit in sich

Den Einzug der Sicherheitsfrage über die Apps sieht auch Kiehne heraufziehen: „Alle Apps tragen eine gewisse Unsicherheit in sich. Mit Hilfe des Mobile Device Management lässt sich vieles lösen, aber es wird schnell sehr komplex, wenn viele Plattformen zu unterstützen sind. Erlaubt ein Unternehmen dann auch noch das Konzept ‚Bring Your Own Device‘ – BYOD – dann kommt noch mehr Aufwand ins Spiel. Daher erscheint der Weg über einen rein Browser-basierten Zugang – wie etwa mit HTML 5 – als eine interessante Option. Die Offline-Funktionalität gilt es zu beachten, denn heute ist noch nicht überall eine Online-Anbindung gegeben. Mit dem Zugriff über Browser und den Einsatz von sicheren Containern auf den Endgeräten hat man die nötige  Sicherheit für den Business-Bereich.“

Das stößt bei Korbacher auf viel Gegenliebe: „Da denken wir vollkommen gleich. HTML 5 hilft und Offline-Funktionalität muss auch gegeben sein. Wir setzen daher auch auf den webbasierten Ansatz.“ Die Anforderungen seitens der Anwender in den Fachabteilungen führen dazu, dass der Weg in die Cloud noch mehr Anhänger finden wird.

„Viele CIOs haben nicht mehr die Ressourcen, geschäftskritische Themen voranzutreiben, die den Profit des Unternehmens
sichern“, bringt es Korbacher auf den Punkt. „Mehr als 80 Prozent ihrer Zeit schlagen sie sich mit alten Dingen herum, müssen patchen, Upgrades machen, migrieren und konsolidieren. Damit ist die IT vollkommen ausgelastet – und nun kommt BYOD noch dazu.“ Daher müssen die IT-Verantwortlichen nach Lösungen suchen, die ihnen Innovation ohne große Investition ermöglichen. „Bereiche wie Messaging und Collaboration bezieht man dann aus der Cloud, und der Service Provider kümmert sich um den kompletten Betrieb inklusive aller Upgrades und Patches.“

Business-Apps

Ralf Adebar, Projektmanager NCT Cloudcenter Lösungsplattform: „Die Cloud-Liefermodelle erlauben es auch kleineren Unternehmen, mit Hadoop zu arbeiten, denn dieser Service wird dann in leicht konsumierbaren Häppchen angeboten.

Nicht für alle Business-Aufgaben passen Apps – diese Einschränkung bringt Sascha Köhler, Software Architekt bei PROFI Engineering, in die Diskussion: „Der App-Ansatz erweist sich als sehr praktisch für den privaten Zweck, aber im Geschäftsumfeld ist er doch sehr beschränkt nützlich. Denn eine App bildet nur eine minimale Funktionalität ab. Möchte ein Unternehmen komplette Geschäftsprozesse in die Cloud geben, lassen sich die Mobilgeräte zwar mit einbeziehen, doch sie werden nur einen kleinen Teil der kompletten Funktionalität abdecken können. Besonders bei kreativen Prozessschritten mit komplexer  Dateneingabe ist ein fester Arbeitsplatz besser geeignet.“

Zustimmung gibt es zu diesem Punkt von Horak: „Oft haben Anwender sehr viele Apps im Einsatz – doch wer kann ‚100 Apps‘ auf einem Gerät noch überblicken? Der Ansatz entwickelt sich also wieder in Richtung integrierte Anwendung, doch dies muss stark rollenbezogen realisiert werden. Unternehmen müssen sich fragen, welche Rolle der jeweilige Anwender einnimmt – etwa Mitarbeiter im Vertrieb. Für ihn habe ich bestimmte Anforderungen zu berücksichtigen, muss aber keine Funktionalitäten aus dem Controlling oder dem Manufacturing bereitstellen. Meiner Einschätzung nach gehört daher den rollenspezifischen und kontextsensitiven Anwendungen die Zukunft. Viele heutige Anwendungen sind aber noch nicht soweit.“

Das mobile Ecosystem beachten

Neben allen Veränderungen, die der App-Ansatz bringt, wirft Andre Kiehne ein weiteres Argument in die Diskussion: „Wir dürfen keinesfalls das jeweilige ‚Eco-System‘ vergessen. Egal welches Endgerät und welche Plattform zum Einsatz kommt – ich bin im jeweiligen ‚Eco-System‘ förmlich gefangen. Es gibt die Apple-Welt, Android, Microsoft, etc. Das besteht bei Apple zum Beispiel aus dem Appstore und der iCloud. Diese Welt zu verlassen erweist sich als nicht einfach. Daher sind Partnerschaften wichtig – nicht nur mit lokalen Partnern. Auch die Apps, die ein Unternehmen seinen Anwendern bereitstellen muss, sind zu integrieren – und das betrifft auch die Legacy-Apps.

Dem pflichtet Christian Horak bei und nennt auch eine Lösungsmöglichkeit: „Wir als Software-Hersteller müssen uns gegenüber diesen Plattformen öffnen. Denn wenn wir keine entsprechenden Schnittstellen anbieten, bleiben wir langfristig gesehen auf der Strecke.“

Legacy-Anwendungen müssen mitwandern

Das Mitnehmen von Altsoftware beim Umstieg in die Cloud erachtet Korbacher als unumgänglich: „Bei einem großen Unternehmen fand der Umstieg auf Google Apps statt. In diesem Projektstatus war es eine wichtige Frage, wie das Unternehmen seine Legacy-Anwendungen mit abbilden kann. Dabei machten wir die Erfahrung, dass einige Applikationen  umgeschrieben werden müssen. Vor allem die Aspekte ‚Web Native‘ und das ‚Realtime Sharing‘ sind wichtig.“

„Hier unterscheiden sich unsere Zielgruppen dann doch sehr stark von den Zielgruppen der ‚Großen‘“, gibt Ralf Adebar,  Projektmanager NCT Cloudcenter Lösungsplattform, zu bedenken. „Bei unseren Kunden gibt es nahezu bei keinem Unternehmen einen echten CIO, meistens ist das alles beim Geschäftsführer selbst oder aber beim IT-Leiter aufgehängt.“

Das Misstrauen der angestammten Kunden gegenüber Argumenten junger Mitarbeiter sei in diesem Umfeld noch recht hoch. Der Einsatz von Facebook oder ähnlichen ‚Social-Komponenten‘ muss nicht sein: „Das Misstrauen gegen derartige Social Apps im  Kontext von Unternehmensanwendungen ist stark ausgeprägt.“ Dagegen erkennen viele IT-Leiter, dass ein kleines Unternehmen durch die Cloud Waffengleichheit mit den Großen erreichen kann: „Business Intelligence-Projekte in der Cloud
lassen sich auch für kleinen Unternehmen realisieren, sie müssen nicht länger mit Excel vorlieb nehmen. Die Cloud-Liefermodelle erlauben es zum Beispiel kleineren, mit Hadoop zu arbeiten, denn dieser Service wird dann in leicht konsumierbaren Häppchen angeboten.“

Rainer Huttenloher