Eine Trennung von ERP-System und E‑Commerce-Plattform darf es im Enterprise-Umfeld nicht geben. Beide Systeme arbeiten Hand-in-Hand und führen so zu einer nahtlosen Systemlandschaft, welche höchste Kundenzufriedenheit und Kundenservice sicherstellt. Ein typischer Use-Case zeigt die Abhängigkeiten: Bestellt ein Kunde im Onlineshop und möchte er kurz danach seine Bestellung am Telefon ändern, muss der Mitarbeiter aus dem Call-Center direkt auf das ERP-System zugreifen. In diesem Fall sollte die Bestellung möglichst zeitnah im ERP-System verfügbar sein, damit eine Änderung serviceorientiert erfolgen kann.
Eine tiefe Integration in das ERP-System ist unabdingbar für eine schnelle Weiterverarbeitung und eine dementsprechende schnelle Auslieferung der Ware an den Kunden. Doch wenn die gesamte Welt Kunde ist, stellt sich die Skalierbarkeitsfrage nicht nur für den E‑Shop. „Eine tiefe Integration von ERP und E‑Shop bedeutet nicht, dass harte Abhängigkeiten zwischen ERP- und E‑Commerce-Plattform geschaffen werden müssen“, erklärt Michael Döhler. Der Leiter der Entwicklung bei der Intellishop AG setzt darauf, dass eine Integration vom Onlineshop in das ERP-System asynchron abläuft: „Diese asynchrone Middleware funktioniert wie ein Puffer und federt so den großen Traffic im Shop vor dem ERP-System ab. Durch diese Trennung wird sichergestellt, dass das eine System ohne das andere weiter existierten kann und so zum Beispiel in Wartungsfenstern vom ERP-System weiterhin verkauft werden kann.“
Ein weiterer Aspekt aus der Kategorie „Die ganze Welt ist Kunde“ betrifft die Internationalisierung – sowohl beim ERP- als auch beim Shop-System. Hier lautet die Grundbedingung, dass beide Systeme entsprechend internationalisiert werden können, das heißt Länder, Sprachen, Währungen und so weiter müssen in beiden Systemen einstellbar sein. Eine Abweichung erfolgt jedoch sehr oft durch eine unterschiedliche Realisierung der Internationalisierung in den jeweiligen Systemen.
„Diese Abweichung kann durch ein Mapping der Strukturen vom ERP-System in die Welt des Shop-Systems abgefangen werden. Das Mapping wird sehr oft bei den Verkaufsstrukturen gemacht“, erklärt Döhler. „So wird häufig in einem Onlineshop global für mehrere Länder verkauft. Diese Länder sind in ERP-Systemen, wie etwa in SAP, aber getrennt in den Verkaufsorganisationen zu sehen. Bei der Übergabe an das ERP-System wird hierbei lediglich die Parametrisierung so angepasst, dass es sich für das ERP-System wie eine Bestellung direkt für die Verkaufsorganisation anfühlt. Ähnlich dieser Bestellmechanik wird bei der Integration ein Mapping aller benötigten Werte durchgeführt. Dies kann zum Beispiel bei Sprachen von Zwei-Zeichenkennern – wie DE – auf Vier-Zeichenkennern – also deDE – erfolgen.
Ist der Zugriff auf IT-Komponenten direkt aus dem Internet möglich, rangiert das Thema Sicherheit ganz oben auf der Prioritätenliste. Denn über den E‑Shop lässt sich unter Umständen auch das ERP-System angreifen. Experten empfehlen daher bei einer Integration vom Onlineshop in das ERP-System, dass unterschiedliche Sicherheitsstufen beachtet werden. „Wie jede Integration bedingt auch diese Aufgabenstellung die Erarbeitung eines detaillierten Sicherheitskonzeptes“, gibt Döhler zu Protokoll. „Die Sicherheitsstufen sind unterschiedlich aufgebaut und greifen auf den unterschiedlichen Applikationsschichten. Da die E‑Commerce- Plattform und das ERP-System physikalisch getrennt sind – der Shop steht in einem Rechenzentrum bei einem externen Hoster, das ERP-System dagegen im privaten Betrieb des Unternehmens – und durch ein VPN miteinander verbunden sind, ist eine erste Absicherung in der Regel schon gewährleistet.“
Die Umsetzung einer asynchronen Verarbeitung in Form eines Puffers sei eine weitere wichtige Maßnahme für das Abfangen von Angriffen auf den öffentlichen Shop, so der Spezialist von Intellishop. Weiterhin könne die Wahl einer sicheren Transport-Technologie, die Format und Zeichensatz vorgibt, zu einem automatischen Sicherungshebel führen: „Diese Absicherungen werden durch eine Web-Application-Firewall für den Onlineshop umrahmt und machen so ein Sicherheitskonzept rund“, verspricht Döhler.
Bei die Einführungs- und Testphase eines E‑Commerce-Moduls stehen Unternehmen vor einer großen Herausforderung. Sie müssen das Zusammenspiel mit dem bestehenden ERP-System auf Herz und Nieren prüfen und dabei auch Lastspitzen berücksichtigen. Für Michael Döhler fällt dabei der Definition von unterschiedlichen Test-Cases eine wichtige Rolle zu: „Sie bilden dabei nicht nur den Standardweg ab, sondern sollten auch alle denkbaren Sonderfälle berücksichtigen. So wird gewährleistet, dass die Prozesse auch bei Anomalitäten richtig funktionieren. Das muss im Zweifel auch so weit gehen, dass Bestellungen nicht angenommen werden können – diese müssen dann stringent zum Kunden kommuniziert werden, zum Beispiel in Form von Hinweisen oder Fehlermeldungen.“
Nach einer funktionellen Prüfung erfolge in er Regel eine Prüfung der Fachlichkeit, der sogenannte A/B-Test: „Diese fachliche Prüfung simuliert unterschiedliche Szenarien und soll ein Best-Case-Szenario identifizieren, welches entsprechenden Erfolg liefert.“ Nach dem Test von Fachlichkeit und Funktion muss die Performance überprüft werden, so der Experte von Intellishop: „Für eine reale Prüfungssituation ist es wichtig zu wissen, was genau der Begriff ‚Last‘ im jeweiligen Modell bedeutet. Bei B2B-Modellen wird die Lastzeit in der Regel zwischen 8 und 18 Uhr liegen, bei B2C-Modellen wird sie dagegen häufig in der Abendzeit zwischen 19 und 22 Uhr liegen. Diese Lastspitzen erfordern ein entsprechendes Testen, das als Ergebnis eine Aussage über den möglichen Traffic hat.“
Laut Döhler müsse man diesen möglichen Traffic zum Beispiel bei Marketing- Kampagnen einplanen, da die Ziele der Kampagne den derzeitig machbaren Traffic womöglich übersteigen und dann entsprechende Maßnahmen in der Skalierung zu ergreifen sind. „Für das Testen von Lastspitzen stehen diverse Werkzeuge im Internet bereit“, empfiehlt Döhler. „Sie lassen sich in Eigenregie – Installation, Einarbeitung, Schulung, Betrieb, Betreuung – oder durch entsprechende Dienstleister aufbauen.