Software und Strategien für den erfolgreichen Mittelstand

Diskussion zur Relevanz der Inhalte aus Social Media-Kanälen

Nicht die Menge gibt den Ausschlag, sondern die Qualität

Die Teilnehmer an der Diskussionsrunde

Nicht die schiere Menge an Informationen ist entscheidend, wenn man Social Media analysiert. Es geht vielmehr um die Kunst, an die relevanten Informationen zu gelangen. Entsprechend stellt sich die Frage, wie relevant die Informationen aus diesen Quellen in welchen spezifischen Zusammenhängen sind. Wie können diese Informationen für die Unternehmen nutzbar gemacht werden, und auf welche Weise spricht das Unternehmen Kunden direkt an, die wirklich an einem Kauf der Produkte interessiert sind und sich nicht nur in Foren oder sozialen Medien über bestimmte Themen oder Produkte unterhalten?

Antworten auf diese Fragestellungen gaben fünf CRM-Experten in einer Roundtable-Diskussion. Mit von der Partie waren (im Bild, von links):

  • Marc Hoenke, Director Product Marketing EMEA Central bei salesforce.com,
  • Jürgen Degenhardt, Social CRM Sales Consultant bei Oracle Deutschland,
  • Dorothee Gabor, Senior CRM Consultant bei der Logo Consult AG,
  • Henning Ogberg, Senior Vice President EMEA bei SugarCRM und
  • Michael Rieger, Product Manager bei der update software AG.

Die ersten beiden Beiträge zu dieser Diskussion bezogen sich auf die primären Informationskanäle (Teil 1) sowie die Änderung der CRM-Umgebung (Teil 2).

Marke positionieren

Henning Ogberg
Henning Ogberg, Senior Vice President EMEA bei SugarCRM
Jürgen Degenhardt
Jürgen Degenhardt, Social CRM Sales Consultant bei Oracle Deutschland

„Vor allem können die Verknüpfungen und Vernetzungen innerhalb der sozialen Medien genutzt werden, um mit Kunden in Kontakt zu treten“, stellt Henning Ogberg, Senior Vice President EMEA bei SugarCRM heraus. „Interessant wird es auch, wenn man die Querverweise zwischen bestehenden Kunden innerhalb von Foren oder sozialen Netzwerken verfolgt. Hier lassen sich meist weitere potenzielle Kunden oder Geschäftspartner ausmachen. Auch die Geschwindigkeit wird bei diesen Vernetzungen erhöht, hier kann der Vertriebsmitarbeiter beispielsweise schneller reagieren und vielleicht innerhalb von wenigen Minuten von einem Lead zu einem Angebot und schlussendlich zu einem Verkauf kommen.“

„Letztendlich gilt es – wie so oft – die Spreu vom Weizen zu trennen“, skizziert Jürgen Degenhardt, Social CRM Sales Consultant bei Oracle Deutschland, die Aufgabenstellung. „Hier kann beispielsweise mit einer einfachen Keyword-Suche begonnen werden, um bereits einen Großteil auszusortieren. Mit weiterführenden Methoden, wie etwa einer semantischen Analyse, kann man dann versuchen, den Sinn der jeweiligen Aussagen zu erfassen und für die jeweiligen Mitarbeiter aufzubereiten. Sehr wichtig ist auch, dass die jeweiligen Suchbegriffe unterschiedliche Bedeutungen aufweisen oder vielleicht in einer anderen Sprache abgefasst sind. Diese Probleme können mit semantischen Analysemethoden, die als Features für unsere Produkte bereits verfügbar sind, angegangen werden.“

„Wichtig ist aber auch die Möglichkeit, eigene Produkte oder die Marke zu positionieren, also Brand Building zu betreiben, um beispielsweise das Image zu verbessern oder gar einen Mythos aufzubauen oder gegebenenfalls zu verstärken“, gibt Marc Hoenke zu Protokoll. Der Director Product Marketing EMEA Central bei salesforce.com verweist darauf, dass hierbei die Benutzer und Fans in den jeweiligen Foren herangezogen werden können: „Die Ansprache der Zielperson kann so kanalisiert erfolgen, selbst wenn sich das Gros dieser Personen die Produkte nicht leisten kann oder will. So erhöht man den Bekanntheitsgrad der eigenen Produkte oder der Marke selbst.“

„Wobei es sich bei diesem Markenbewusstsein und der Markenbildung oder dem Markengefühl nicht um ein zentrales CRM-Thema handelt, sondern eher um eine Aufgabe des Marketings“, wirft Dorothee Gabor ein, Vorstand Business Development bei der Logo Consult AG. „So lässt sich erkennen, dass eine genaue Abgrenzung der einzelnen Unternehmensbereiche und auch der einzelnen Kunden teilweise nicht mehr möglich ist. Hier müssen sich die Unternehmen den Aufgaben stellen und die Daten entsprechend filtern, da eine sehr große Menge Daten auf die Unternehmen zukommen wird.“

Als Lösungsvorschlag empfiehlt Degenhardt, auf funktionierende Indikatoren zu setzen, um beispielsweise Kaufsignale richtig zu deuten oder auch Vertragskunden zu identifizieren, die zu einem anderen Anbieter wechseln wollen: „Diese Informationen müssen dann beispielsweise an den Vertrieb oder an den Service weitergegeben werden, um beispielsweise enttäuschte Kunden nochmals anzusprechen und weitere Angebote zu machen, etwa zusätzliche Boni bei einer Vertragsverlängerung. In diesen Bereichen muss ein Lernprozess stattfinden, damit die jeweils notwendigen Schritte gezielt vorgenommen werden können.“

Allerdings stellt sich auch die Frage, inwieweit sich diese Signale identifizieren lassen – und ob sie für alle Branchen gleich sind. „Manche Signale sind für alle Branchen gleich, etwa positive oder negative Äußerungen über Produkte, Kaufsignale oder Anzeichen für Wechselwilligkeit“, stellt Degenhardt fest. „Allerdings muss die Interpretation solcher Indikatoren teilweise auf die spezifischen Besonderheiten der Branchen angeglichen werden.“

„In den Jahren 2012 und 2013 haben wir uns sehr stark im Bereich des Social Media Monitorings engagiert und entsprechende Softwarelösungen entwickelt“, stellt Michael Rieger, Product Manager bei der update software AG heraus. „Hier sprechen wir vor allem die Aspekte der Datenanalyse an, binden Servicefälle direkt in das Monitoring mit ein und dies branchenübergreifend. Das ist allerdings schwierig, da in den unterschiedlichen Branchen die Suchbegriffe nicht nur variieren, sondern teilweise auch anders gewichtet werden. In einigen Bereichen ist ein Suchwort mit einer positiven, in anderen Bereichen mit einer negativen Assoziation verbunden. Dieses Know-how muss entsprechend ausgewertet werden, um einen überzeugenden Mehrwert zu generieren. In unserem Fall hat es sich bewährt, das Social Media Monitoring mit entsprechenden Partnern durchzuführen, die sich auf die jeweiligen Branchen spezialisiert haben. Somit ist sichergestellt, dass die Fallstricke umgangen und die Daten zuverlässig ausgewertet werden können.“

Das führt logsicherweise zu einer weiteren Frage: Wie ändern sich die Auswahlkriterien für die CRM-Systeme, wenn man speziell das Thema Social CRM in den Fokus rückt? „Die Unternehmen werden hier zunächst in den Markt hineinhorchen müssen, danach eine Analyse erstellen und als nächsten Schritt die sozialen Medien zu Servicezwecken nutzen“, stellt Degenhardt heraus. „Erst danach werden sie ihr Augenmerk auf das Marketing legen und Kunden akquirieren können.“

„Das CRM generell hat sich weiterentwickelt. Die Anforderungen an heutige Systeme erstrecken sich über alle Kommunikationswege hinweg, sowohl intern als auch extern“, erläutert Marc Hoenke. „Die einzelnen Kundendaten müssen innerhalb des gesamten Unternehmens abrufbar sein und für alle Abteilungen die gleiche Ansicht bieten. Dies muss sowohl an klassischen Desktop-Arbeitsplätzen als auch im mobilen Bereich mit Tablets und Smartphones möglich sein. Dieses Gesamtpaket stellt unserer Ansicht nach ein aktuelles CRM-System dar. Und hierbei ist die Social Media-Komponente idealerweise bereits enthalten.“

„Die CRM-Systeme sind ohne Frage an die EDV-Abteilungen gebunden, allerdings nicht mehr in der Form, wie das in der Vergangenheit der Fall war“, stellt Henning Ogberg fest. Für den Senior Vice President EMEA bei SugarCRM stellt CRM ein essenzielles Werkzeug dar, das über die Grenzen der einzelnen Abteilungen hinweg wirken sollte: „Die einzelnen Mitarbeiter müssen lernen, dass es sich bei CRM inzwischen auch um eine Kommunikationsplattform handelt. Wichtig ist hierbei, dass relevante Datensätze beispielsweise aus einem Kundenstamm ohne Umweg dazu verwendet werden können, Kunden direkt anzusprechen oder ihnen eine personalisierte Behandlung zukommen zu lassen.“

Soziale Seite

Michael Rieger
Michael Rieger, Product Manager bei der update software AG
Dorothee Gabor
Dorothee Gabor, Vorstand Business Development bei der Logo Consult AG

„Analog zu technischen Errungenschaften aus der Vergangenheit wird sich die soziale Seite von CRM-Systemen durchsetzen“, gibt sich Rieger überzeugt. „Wichtig ist auch die Ausrichtung des Systems auf die B2B- und die B2C-Komponenten. Hier sind Systeme gefragt, die beide Ansätze verfolgen und die entsprechenden Funktionen zur Verfügung stellen. Auch die aktive und passive Kommunikation muss entsprechend beleuchtet werden.“

Für Rieger ist zunächst die passive Kommunikation zu verfolgen – quasi erst einmal zuzuhören. In einem weiteren Schritt könne dann die aktive Komponente hinzugefügt werden. „So müssen die Unternehmen diesen Prozess Schritt für Schritt verfolgen“, stellt Rieger heraus. „Auch die rechtlichen Aspekte und das Thema Datenschutz gilt es zu bedenken. Schließlich setzen Unternehmen beim Einsatz von Social CRM ihre Mitarbeiter sowohl Chancen als auch Gefahren aus. Hier sind entsprechende rechtliche Rahmenbedingungen umzusetzen.“

Bei den Auswahlkriterien für Social CRM-Lösungen lassen sich einzelne Segmente ausmachen, so Degenhardt. „Aus diesen Unterpunkten werden momentan von den unterschiedlichen Anbietern Komplettpakete geschnürt. Danach werden die einzelnen Unterpunkte miteinander verknüpft. Wichtig sind nach seiner Meinung vier wesentliche Merkmale: „Kann das Produkt alle Facetten von Social CRM abdecken? Bekomme ich meine Informationen entsprechend den Vorgaben für mein Unternehmen sauber aufbereitet? Ist es möglich, das System global zu skalieren bzw. werden alle benötigten Sprachen in Bezug auf die semantischen Analysemethoden und auch innerhalb der grafischen Oberflächen unterstützt? Inwiefern lässt sich das System in bestehende Strukturen integrieren?“

Dem fügt Henning Ogberg einen seiner Meinung nach wichtigen Punkt hinzu. „Es geht um die Möglichkeit, Produkte auf verschiedenen Wegen anbinden zu können. Flexibilität ist hier Trumpf, aber genauso essenziell ist die Kosteneffizienz und Transparenz der verfügbaren Systeme. Denn sollte sich später rausstellen, dass der eingeschlagene Weg falsch ist bzw. das gekaufte Produkt nicht weiter verwendet werden kann, werden die bereits angelaufenen Kosten sicherlich ein großes Thema. Das ist beratungstechnisch eine Herausforderung, der sich alle Anbieter von Social CRM stellen müssen.“

„Um diesem Flickenteppich entgegenzuwirken, haben wir unsere Salesforce One-Kundenplattform in den Markt eingeführt“, betont Marc Hoenke. „Hier lassen sich unterschiedliche Systeme über Schnittstellen angliedern. Dabei können auch Daten aus automatisierten Systemen, Messwerte und Ähnliches eingespielt, ausgewertet und wieder an die Maschinen ausgegeben werden. Damit kommen Techniken ins Spiel, die über das reine ‚Social CRM‘ weit hinausgehen. So gilt es die Anforderungen der Zukunft bereits in der Gegenwart in den Fokus zu bekommen. Das wird nur über eine Offenheit der Systeme erreicht.“

Für Dorothee Gabor lässt sich die Frage nach dem Ändern der Auswahlkriterien durch den Bereich Social Media nur sinnvoll beantworten, wenn beim CRM-System die nötigen Schnittstellen vorhanden sind: „Die Systeme müssen offen sein, um später flexibel reagieren zu können und sie müssen die Möglichkeit bieten, die Anforderungen in der Zukunft zu erfüllen. Wenn es nicht möglich ist, weitere Module an die Software anzubinden, steht der Anbieter schon im Vorfeld auf verlorenem Posten.“

Integration

Marc Hoenke
Marc Hoenke, Director Product Marketing EMEA Central bei salesforce.com

Ein weiterer Aspekt in der Diskussionsrunde bezog sich auf die Integration von Social Media-Informationen in die IT-Kernsysteme – formuliert in der Frage: Sind die Daten aus dem Bereich Social Media nicht komplett unstrukturiert – und wie sollen sie dann in die Kernsysteme eingegliedert werden?

„Das Social Media Monitoring übernimmt diese Aufgabe; es filtert den unstrukturierten Datenstrom auf der Grundlage bestimmter Kriterien automatisch, so dass wenige relevante und strukturierte Daten im Abschluss zu Verfügung stehen. Beim Monitoring von CRM-relevanten Beiträgen geht es in erster Linie nicht um die Quantität an Beiträgen, sondern um die Qualität und Relevanz“, erklärt Michael Rieger. „Darüber hinaus müssen die Daten im letzten Schritt noch händisch überprüft werden, um die Qualität der Daten weiter zu optimieren. Daher entscheidet der Mitarbeiter erst im letzten Schritt, welche Daten im CRM-System landen beziehungsweise welche in nachgelagerten Prozessen weiter verarbeitet werden – etwa im Service-Management, im Kampagnen-Feedback oder im Innovationsmanagement.“

Für Jürgen Degenhart stellt sich dabei vor allem die Frage, welche Daten tatsächlich im ERP-System landen müssen: „Denn Informationen über Kundeneigenheiten oder deren Profile landen sinnvollerweise im CRM-System, während im ERP-System Rechnungsvorgänge und Produktkäufe abgelegt werden. Daher werden bestimmte Daten ihren Weg nicht in das ERP-System finden.“

„Die Vertriebs-Leads werden im CRM-Bereich vorgehalten, unterstützt durch die Social Media-Komponente. Das bleibt somit ein reines CRM-Thema. Erst bei einer Bestellung wird der Kunde angelegt und somit im ERP-System verfügbar. Hier muss die jeweilige Schnittstelle reagieren und das realisieren“, gibt Dorothee Gabor zu Protokoll.

Für Marc Hoenke spielt die Integration die entscheidende Rolle: „Die Hälfte der Transaktionen in unserer Software stellen Schnittstellentransaktionen in Zusammenarbeit mit anderen Systemen dar. Genau in dieser Analogie müssen auch die einzelnen Abteilungen eines Unternehmens zusammenarbeiten, wenn es beispielsweise um Beschwerden, Garantie-Tickets und Servicevorgänge mit der Rücksendung von Produkten geht. Und das funktioniert nur, wenn ERP-Systeme an diesen Prozessen beteilig sind, damit nachvollziehbar ist, welcher Kunde wann welches Produkt gekauft hat und ob beispielsweise ein Anspruch auf Garantie besteht.“

„Ein wichtiger Bestandteil ist dabei das Zusammenspiel der einzelnen Informationsquellen“, führt Henning Ogberg aus. „Doch die genaue Definition, welche Daten wie verknüpft werden müssen, ist branchen- und kundenspezifisch. Wichtig ist, dass die benötigten Daten den jeweiligen Mitarbeitern zu jedem Zeitpunkt zur Verfügung gestellt werden können.“

Rainer Huttenloher

Die Teilnehmer an der Diskussionsrunde:

Dorothee Gabor, Vorstand Business Development bei der Logo Consult AG,
Jürgen Degenhardt, Social CRM Sales Consultant bei Oracle Deutschland,
Marc Hoenke, Director Product Marketing EMEA Central bei salesforce.com,
Henning Ogberg, Senior Vice President EMEA bei SugarCRM,
Michael Rieger, Product Manager bei der update software AG.