Software und Strategien für den erfolgreichen Mittelstand

Im Interview: Michael Mors, UNIT 4 Business Software GmbH, zu ERP in der Dienstleistungsbranche

„Es gibt nur eine Version der Wahrheit“

Michael Mors, Geschäftsführer bei UNIT4 Business Software: "Beim Mobilzugriff sind Apple, Android, Windows 8 und Blackberry zu unterstützen."

ERP-Systeme sind in der Dienstleistungsbranche noch nicht so weit verbreitet wie bei Produktionsunternehmen. Dabei ist gerade  die tiefgreifende Integration der Systeme ein wichtiges Element, um bei Dienstleistern Wettbewerbsvorteile zu sichern. Zudem wird der Bezug dieser Software aus der Cloud stark nachgefragt. Michael Mors, Geschäftsführer bei UNIT 4 Business Software GmbH, erklärt gegenüber Solutions for Business (S4B), welche Besonderheiten die Dienstleistungsbranche auszeichnet.

Projektorientierung

S4B: Welche Erfahrungen haben Sie im Bereich der Dienstleistungsbranche?
Mors: Projektorientierte Dienstleister sind seit langem ein Fokus der UNIT 4. Wir haben uns auf „people centric“ ERP konzentriert – darauf ist unsere Software ausgerichtet.

S4B: Welche Funktionalitäten eines ERP-Systems stehen dabei im Vordergrund?
Mors: Als Funktionalitäten stehen Ressourcen- und Einsatzplanung im Zentrum eines ERP-Systems für diese Branche. Dabei verbirgt sich hinter den Ressourcen der Einsatz der Personen, sprich wie kann ich die Mitarbeiter profitabel einsetzen. Um diese Kernfrage rankt sich alles – anstelle von Maschinenauslastung tritt die Auslastung der Mitarbeiter.  Hinzu kommt noch die Projektabrechnung. Alles muss integriert erfolgen, nicht nur die Planung und Verwaltung sondern auch die Steuerung und das Controlling.

S4B: Geht das dann auch noch in Richtung Business Intelligence – BI?
Mors: Richtig – hier kommt auch der Business Intelligence-Aspekt dazu. Dieses Thema ist allerdings zuerst ein branchenübergreifendes Thema. Doch die Dienstleister tun sich damit schwerer, weil sie heutzutage vielfach noch eine sehr heterogene Umgebung im Einsatz haben. Die Projektkalkulation erfolgt oftmals noch mit Excel, die Finanzbuchhaltung wird vielfach extern mit einem Steuerberater abgewickelt oder über interne Insellösungen. Es gilt generell als eine große Herausforderung, auf eine derartige IT-Infrastruktur ein BI-System zu setzen.

S4B: Wie kann eine weitreichende Integration helfen?
Mors: Bei uns kommt der gesamte Prozess aus einer Hand – sozusagen von der Angebotserstellung über die Ressourcenplanung und die Abrechnung bis hin zu transparenten Darstellung der einzelnen Projekte. Sprich es kommt alles aus einem System aus einer gemeinsamen Datenbasis. Und dazu haben wir dann auch noch eine passende BI-Lösung im Angebot, die weitaus mehr umfasst als nur ein reines Reporting.

S4B: Das Projektmanagement allein wird bei vielen Unternehmen über einzelne Anwendungen abgedeckt. Welche Vorteile bringt ein in das ERP integriertes Projektmanagement?
Mors: Der größte Vorteil lautet: Alle Daten werden an einer Stelle gepflegt und es gibt nur eine Benutzerschnittstelle.   Das ist vor allem bei komplexeren Aufgabenstellungen sehr wichtig. Alle Information über Mitarbeiter und Projekte liegen vor und sind auf dem aktuellen Stand. Somit gibt es immer nur eine Version  der Wahrheit.  Sind dagegen viele Datenquellen – womöglich händisch – zu konsolidieren, muss immer erst die Validität der Ausgangssituation bestimmt werden. In einem integrierten System gibt es keine separaten Excel-Sheets – etwa zum Thema Auslastung.

S4B: Was sehen Sie als weitere Vorteile einer integrierten Lösung?
Mors: Durch die hohe Integrationstiefe lassen sich viele Prozesse automatisieren. Das spart Zeit, Projekte können letztendlich schneller abgewickelt werden. Ein weiterer Pluspunkt ist die Risikominimierung: Es kann einem nicht mehr passieren, dass etwas falsch kalkuliert wird, etwa wenn vergessen wird, dass ein laufendes Projekt Auswirkungen auf neue Projekte hat. Das vermeidet Planungsfehler – und zwar schon in der Angebotsphase. Denn eine einheitliche Datenhaltung und die Transparenz über den kompletten Projektlebenszyklus garantiert eine einzige Version der Wahrheit.

S4B: Ab wann muss man ein derartiges Tool einsetzen?
Mors: Bei etwa 30 Beratern ist es noch ohne entsprechende Tool-Unterstützung machbar. Darüber – so eine aktuelle Lünendonk-Studie zum ERP-Einsatz bei Dienstleistungsunternehmen– wird es sehr schwer, Projekte sauber zu managen – vor allem, wenn es auch internationale Projekte zu stemmen gilt. Bei unserer Software gehen wir davon aus, dass diese Lösung ab 100 Mitarbeitern massive Vorteile bringt.

Mobilzugriff

S4B: Welche Vorteile ergeben sich beim Zugriff über mobile Endgeräte für die Nutzer im Dienstleistungsbereich?
Mors: Speziell in der Dienstleistungsbranche wird das einen großen Sprung nach vorne bringen. Denn die Mitarbeiter eines Dienstleisters sind in der Regel außerhalb des eigenen Unternehmens – beim Kunden – aktiv. Für diese Mitarbeiter eröffnen mobile Endgeräte neue Möglichkeiten: Das Notebook ist sowieso schon ein Muss, aber nun kommt noch mehr Endgeräte-Funktionalität via Tablet oder Smartphones dazu. Vor allem die einzelnen Apps bringen eine massive Beschleunigung mit sich.

S4B: Von welchen Apps sprechen sie da?
Mors: Für Dienstleister haben wir spezielle Funktionalitäten in Apps gegossen. Dazu gehört zum Beispiel die Zeitabrechnung oder Spesenabrechnung vor Ort. Das bringt für die Mitarbeiter eines Dienstleisters eine hohe Entlastung, zumal die Daten gleich vom Kunden – etwa durch Unterschrift auf einem Tablet – genehmigt werden können. Damit beschleunigt sich der gesamte Prozess der Abrechnung:  Das Zusammenführen von Zeiterfassungsbögen ist bisher eine enorme Herausforderung – nun lassen sich Wochen einsparen und die Rechnung geht entsprechend schneller raus.

S4B: Welche Mobilplattformen bei den Endgeräten sind heutzutage zu unterstützen?
Mors: Apple, Android, Windows 8 und noch dazu Blackberry. Das Surface ist iPad und PC in einem – das wird speziell bei uns im Haus ausprobiert. Eventuell benötigt man dann kein Notebook mehr. Generell sind Online- und Offline-Szenarien zu unterstützen, das ist ganz wichtig.

S4B: Sind beim Mobilzugriff auf das ERP für Dienstleister Änderungen an der Software-Architektur nötig, wenn die Funktionalität via App zum Anwender kommt?
Mors: Nein, es sind keine Änderungen notwendig. Die Auslieferung der Apps erfolgt bei uns ausschließlich über einen eigenen Appstore. 35 verschiedene Apps stehen für unsere Kunden zur Verfügung.

S4B: Wie wird das bei Ihnen gelöst – der Entwicklungsaufwand ist doch bei so vielen Plattformen recht hoch?
Mors: Unser ERP-System besitzt eine sehr moderne Architektur, die eine hohe Flexibilität für die Bereitstellung auf verschiedenen Plattformen bietet. Lediglich auf der obersten Präsentationsschicht muss auf die verschiedenen Gerätetypen und Plattformen reagiert werden, bei den anderen Schichten sind keine Änderungen notwendig.

SaaS

S4B: Welche Rolle spielt hier die Bereitstellungsoption Software as a Service bei ERP für Dienstleister?
Mors: Die Branche Dienstleister hat –anders als zum Beispiel Produktionsbetriebe – noch weniger ERP-Systeme installiert. Daher kann man oftmals auf der grünen Wiese beginnen. Deswegen haben die meisten Anwender in der letzten Zeit das System aus der Cloud gewünscht. Das liegt auch daran, dass die IT-Leiter in der Dienstleistungsbranche nicht die zentrale Rolle haben wie in anderen Branchen. Die entscheidenden Mitarbeiter bei einem Dienstleister sind die Projektleiter, und die wollen die IT möglichst einfach und bedarfsorientiert beziehen.

S4B: Stellen sie dann die Software als Dienst – also SaaS – zur Verfügung oder haben sie Partner, die die Software hosten und als Managed Service bereitstellen?
Mors: Wie sind hier recht offen. Heute wird präferiert, dass wir als Generalunternehmer agieren und das System hosten. Dazu haben wir ein eigenes Hosting-Zentrum in Amsterdam. Hier haben wir dann die Möglichkeit, verschiedene Ausprägungen der Cloud anzubieten – etwa eine private Cloud, die wir nur für den betreffenden Kunden betreiben. Wir haben aber auch Anforderungen, dass sich Anwender auf eine Public Cloud aufschalten möchten.

S4B: Wie sieht die Situation in Deutschland aus?
Mors: Der Großteil unserer Kunden hierzulande besteht auf ein Hosting in Deutschland. Da arbeiten wir mit Partnern zusammen, die alle entsprechend zertifiziert sind, dass die Rechenzentren auch sicher und hochverfügbar betrieben werden. Vor allem Dienstleister, die in einem Hochsicherheitsbereich aktiv sind, verlangen sehr häufig, dass die Daten nur in Deutschland liegen und nicht außer Landes gebracht werden dürfen. Da gehört der Militärbereich dazu aber auch vielfach der Automobilbereich.

Rainer Huttenloher